Nils Gründer zur Situation in Afghanistan

„Die Bilder der letzten Tage aus Afghanistan haben mich tief bewegt und aufgewühlt. Als Schüler am Ostendorfer-Gymnasium haben wir uns schon deutlich vor 2015 für junge Geflüchtete aus Afghanistan eingesetzt und durchweg Freundliche und tief dankbare Jugendliche kennengelernt. Daher treffen mich die Bilder von Menschen, die sich an ein Flugzeug klammern ganz besonders. Jetzt geht es darum, dass so viele Schutzbedürftige wie möglich gerettet werden können.

Dennoch stellen sich mir nun viele Fragen. Wie kann es sein, dass wir 20 Jahre afghanische Sicherheitskräfte ausgebildet haben und diese nun zum Teil zu den Taliban übergelaufen sind? Es kann nicht sein, dass innerhalb von wenigen Tagen die gesamte afghanische Armee sich in einem Auflösungszustand befindet. Wie schlimm muss es für die Familien der 59 gefallenen Soldatinnen und Soldaten sein die aktuellen Bilder und Geschehnisse zu verfolgen? Waren all die Opfer umsonst?

Es war klar, dass wir Afghanistan irgendwann verlassen. Zur Wahrheit gehört, dass der Afghanistan Einsatz stets unbeliebt war und oftmals gefordert wurde, diesen zu beenden. Deshalb wundert es mich, dass viele die das Ende des Afghanistan Einsatzes gefordert haben, jetzt umso mehr zu denen gehören, die ein verstärktes deutsches Engagement fordern und der Regierung versagen vorwerfen. Und ja, es ist schlicht Versagen. Es ist erschreckend, dass dieser Einsatz offenbar ohne jegliche Exit-Strategie beendet wurde. Es ist erschreckend, dass Warnungen aus der dortigen deutschen Botschaft einfach ignoriert wurden und der deutsche Außenminister es schlicht verpennt hat, tätig zu werden. Der Einsatz hätte ein klares Ziel gebraucht, eine stringente Strategie und dementsprechende Rückendeckung der Politik und Bevölkerung. Man hätte den Einsatz vielleicht ordentlich zu Ende bringen müssen und dann geordnet abziehen können. Aber nicht überstürzt und ohne abschließenden Erfolg.

Ich hoffe, dass sich diese Bilder tief bei den Deutschen einprägen. Ich hoffe, dass Leute endlich verstehen, dass man militärische Mittel braucht um Frieden und Freiheit durchzusetzen. Ich hoffe, dass man endlich versteht, dass man ein gut ausgestattetes Militär braucht, um einen solchen Einsatz ordentlich zu beginnen, durchzuführen und zu beenden. Ich hoffe, dass man in Deutschland nun endlich erkennt wie hilflos man eigentlich auf internationaler Ebene ist, man aber gleichzeitig mit erhobenem Zeigefinger durch die Welt jettet. Ich hoffe, dass man in Deutschland endlich erkennt, dass man extrem abhängig von den USA ist und dass „mehr Verantwortung übernehmen“ auch letztlich heißt, die Bundeswehr ordentlich auszustatten, um in Zukunft Einsätze ordentlich durchführen zu können.

Ich bin in Gedanken bei den Soldatinnen und Soldaten, die sich aktuell in einer extrem gefährlichen Mission befinden. Ich vertraue auf die gute Ausbildung, die diese genossen haben, um solche Missionen durchzuführen. Gleichzeitig hoffe ich, dass die Ereignisse in Ruhe aufgearbeitet werden und man in Zukunft besser über die eigenen Soldatinnen und Soldaten denkt und nachdenkt was es bedeutet, dass Deutschland mehr Verantwortung übernehmen muss.“

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